
Ausgangssituation & Forschungsfragen
Ein Leben ohne Auto ist im ländlichen Raum Thüringens kaum möglich. Die Fahrzeit mit dem ÖPNV zum nächsten zentralen Ort dauert für ein Drittel der Einwohnenden um den Faktor 1,7 länger als mit dem Pkw. Der Freistaat hat sich daher mit Blick auf das Jahr 2030 das Ziel gesetzt, eine Erreichbarkeitsgarantie geben zu können, um die Bevölkerung in allen Lebensbereichen mobiler zu machen und gleichzeitig den Herausforderungen des demografischen und klimatischen Wandels zu begegnen. Erreicht werden soll dies mit dem Planungsinstrument Integraler Taktfahrplan (ITF), einem Zubringersystem aus Rufbussen sowie weiteren Angeboten. In diesem Kontext adressiert das Forschungsprojekt MOVEwell folgende zentrale Forschungsfragen:
- Wie können ganzheitliche Mobilitätskonzepte für betriebliches und kommunales Mobilitätsmanagement unter Berücksichtigung von Möglichkeiten der neuen Mobilität im Sinne von Nachhaltigkeit und Klimaneutralität ausgestaltet werden?
- Wie lassen sich in ländlich strukturierten Räumen Erreichbarkeit und Mobilitätsangebote verbessern und kommunizieren, um damit Verhaltensweisen und Einstellungen zur Mobilität und Nachhaltigkeit zu verändern?
- Wie können aus den Ergebnissen kooperativer Reallabore Transformationspfade mit Governance-Konzepten und übergreifenden Leitbildern entwickelt, umgesetzt und kommuniziert werden?
Projektansatz und Vorgehen
Kern des Projektes ist die Stärkung und der multi- und transmodale Ausbau des ÖPNV, um überregional abgestimmte, lokal bedarfsgerechte, öffentlich akzeptierte sowie allgemein finanzierbare und umweltfreundliche Mobilitätslösungen zu ermöglichen. Der ÖPNV soll dabei mit Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements verknüpft werden und als „integraler Taktgeber" wirken, um Verkehrsplanungen, Mobilitätsdienstleistungen und das Nutzungsverhalten in möglichst großer Breite nachhaltig zu transformieren.
Umgesetzt wird das Vorhaben in der Thüringer Projektregion bestehend aus den Landkreisen Saalfeld-Rudolstadt, Weimarer Land, Ilm-Kreis sowie den darin eingebetteten Städten Weimar, Bad Berka und Ilmenau. In drei Reallaboren – angesiedelt bei der Arbeiterwohlfahrt Saalfeld, der Zentralklinik Bad Berka sowie in drei Weimarer Gewerbegebieten – werden zielgruppenspezifische Maßnahmenkonzepte entwickelt und erprobt, welche die Mobilität der Mitarbeitenden attraktiver und zugleich nachhaltiger gestalten sollen. Zur besseren Erfassung und Koordinierung individueller Mobilitätsbedarfe umfasst die Projektarbeit außerdem den Aufbau einer digitalen Plattform, die jene Bedarfe mit verkehrsträgerübergreifenden Mobilitätsangeboten verknüpft.
Das Projekt bringt dafür Bedarfsträger, Aufgabenträger, Behörden und Forschungseinrichtungen zusammen. Ein großer räumlicher Bezug wird erreicht durch
- das Erproben neuer Technologien, Dienste und Angebote,
- das Zusammenführen von Einzelansätzen,
- das Ertüchtigen und die Kooperation von Landkreisen und Städten,
- den Integralen Takt Fahrplan (ITF).
Die Kooperation wissenschaftlicher Einrichtungen mit Partnern aus der Praxis ermöglicht dabei nicht nur eine direkte Umsetzung, sondern durch eine kontinuierliche Wirkungsevaluation auch die Übertragbarkeit auf andere ländliche Regionen.
Projektziele und zu erwartende Ergebnisse
Vor dem Hintergrund von Klimawandel, demografischer Entwicklung und zunehmenden Herausforderungen der Versorgungssicherheit leistet das bedarfsorientierte Forschungsvorhaben MOVEwell einen Beitrag zu einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Mobilität in Thüringen. Es adressiert dabei die besonderen Bedarfe ländlicher Räume und legt einen Fokus auf die Bewältigung des Fachkräftemangels sowie die Wahrung sozialer Gerechtigkeit insbesondere durch eine Stärkung des ÖPNV. Erfolgreich etablierte Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements in den Reallaboren sollen über das Projekt hinaus verstetigt werden; gemeinsam mit Kommunen und Landesinstitutionen werden aus den gewonnen Erfahrungen ein Leitbild einer nachhaltigen Mobilität im ländlichen Raum abgeleitet und wirksame Governance-Strukturen etabliert.
Laufzeit
01.09.2024 – 31.08.2029
Verbundkoordination:
European Digital Innnovation Hub Thuringia an der Bauhaus-Universität Weimar
Dipl.-Ing. Raimo Harder
Tel.: 03643 / 58 4827
E-Mail: raimo.harder@uni-weimar.de
Weitere Informationen
https://www.uni-weimar.de/de/universitaet/aktuell/bauhausjournal-online/titel/thueringens-laendlichen-raum-besser-anbinden-durch-bedarfsgerechte-mobilitaetskonzepte/