
Ausgangssituation & Forschungsfragen
Als Aufgabenträgerin des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) möchte die Region Hannover auch abseits der Linien des Bus- und Bahnverkehrs ein attraktives Angebot schaffen. Hierzu greift die Region Hannover aktuelle Entwicklungen bei On-Demand-Verkehren mit der Zielsetzung auf, die First- und Last-Mile-Angebote auf der sogenannten Verteilungsebene ihres ÖPNV-Angebots zu modernisieren.
Das ÖPNV-Angebot in der Region Hannover ist hierarchisch aufgebaut. Diese Struktur schafft gute Verbindungen in die Stadt Hannover, führt aber auch dazu, dass Verbindungen zwischen Orten, die unterschiedlichen Anschlussverbindungen zugeordnet sind, Umwege erfordern. Unter dem Produktnamen „sprinti“ (in Anlehnung an die seit Ende 2019 eingesetzten „sprint H“, die Qualitätsbuslinien in der Region Hannover) wurde ein On-Demand-Angebot geschaffen, das für abseits der Hauptachsen des Bahn- und Busverkehrs gelegene Orte einerseits die Verbindung zu den Hauptachsen verbessert und andererseits neue und umwegfreie Direktverbindungen schafft. Zum 1. Juni 2021 nahm das On-Demand-Angebot „sprinti“ den Pilotbetrieb in drei unterschiedlich strukturierten Gemeinden in der Region Hannover auf.
Untersucht werden die Zuverlässigkeit des Angebots, seine Akzeptanz und Möglichkeiten der Übertragbarkeit.
Projektansatz & Vorgehensweise
Die Evaluation stützt sich auf drei Bausteine:
- Der erste Baustein ist die Auswertung von Daten des in der Pilotphase mit der Durchführung des On-Demand-Verkehrs beauftragten Software- und Verkehrsunternehmens.
- Zweiter Baustein der Evaluation sind Fokusgruppen, die während der Testphase zu ihren Erfahrungen mit dem Angebot befragt werden.
- Der dritte Baustein der Evaluation sind Online-Befragungen. Im Gegensatz zu den auf Vertiefung ausgewählter Aspekte zielenden Fokusgruppen wird in diesem Evaluationsbaustein ein breiteres Bild von der Akzeptanz des Angebots durch die Nutzer*innen gewonnen.
Zur Reflexion und Diskussion der Erkenntnisse aus der Evaluation sind Workshops mit Expert*innen und Stakeholdern zu spezifischen Fragestellungen und kritischen Themen geplant, beispielsweise: Umsetzung der Barrierefreiheit (Fahrzeuge, virtuelle Haltestellen), novelliertes Personenbeförderungsgesetz (PBefG), Erfahrungen aus anderen Projekten (beispielsweise Zürich, Darmstadt, Mainz). Die Partnerkommune, der Verkehrsverbund Rhein-Neckar, wird an diesen Workshops beteiligt.
Zusätzlich sind Workshops in der Partnerkommune geplant, die Fragen der Übertragbarkeit und Adaption von Erfahrungen aus der Region Hannover behandeln werden.
Projektziele & zu erwartende Ergebnisse
Zielsetzung ist, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie On-Demand-Verkehre zu einem integrierten Bestandteil des ÖPNV-Angebots weiterentwickelt werden können. Hierbei geht es um die wesentlichen Systemeigenschaften, die On-Demand-Angebote erfüllen müssen, die in den ÖPNV integriert sind bzw. werden sollen. Zu denken ist hier beispielsweise an die Gewährleistung der Barrierefreiheit. Erkenntnisbedarf besteht, wie eine erfolgreiche Diffusion in die Fläche erreicht werden kann. Wichtig ist hierbei, im Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit und Anforderungen der verschiedenen Gruppen von Nutzer*innen einen tragfähigen Kompromiss zu finden.
Ebenso wichtig sind Erkenntnisse zu Fragen der Verstetigung des Angebots im Hinblick auf seine Finanzierung und der Skalierbarkeit, d.h. wenn die Angebote in unterschiedlichen Räumen zum Standard werden sollen.
Wenn On-Demand-Verkehre in den ÖPNV integriert werden, werden Fragen ihrer Steuerbarkeit durch den Aufgabenträger relevant. Hierzu sind Erkenntnisse zur Darstellung im Nahverkehrsplan notwendig, aber auch zur Bestimmung von Qualitätsmerkmalen sowie zur Ausschreibung und Vergabe, wie auch zu vorteilhaften Modellen der Arbeitsteilung zwischen Softwareunternehmen und Verkehrsunternehmen.
Nachdem zum 1. August 2021 das novellierte Personenbeförderungsgesetz (PBefG) in Kraft getreten ist, ist eine reguläre Genehmigung von in den ÖPNV integrierten On-Demand-Verkehren zukünftig möglich, weil mit den Linienbedarfsverkehren (§ 44 PBefG) ein entsprechender Angebotstyp definiert und in das Gesetz aufgenommen wurde. Das Wissen um moderne flexible ÖPNV-Angebote gewinnt damit an Bedeutung.
Laufzeit
01.07.2021 – 30.06.2024
Projektkoordination
Technische Universität Dortmund
Fakultät Raumplanung
Fachgebiet Stadtentwicklung
Prof. Dr. Joachim Scheiner
Tel.: 0231 / 755 4822
E-Mail: joachim.scheiner@tu-dortmund.de
Weitere Informationen
https://sprinti.gvh.de/